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Ich stelle mir vor…

Der Puppenspieler Frank Schenke über sein Leben mit der Parthe.

Die Parthe fließt ganz nah an meinem Haus vorbei, etwa 350 Meter entfernt, durch den Abtnaundorfer Park. Hier bin ich gern mit dem Hund unterwegs – nicht jeden Tag, aber schon so oft es geht. Der Verlauf der Parthe wurde, vermutlich in der Zeit, als Frege noch das Gut hatte, begradigt, das kann man immer noch gut erkennen. Demnach gab es hier vorn einen Bogen, wo die Parthe noch viel dichter herankam. Ich stelle mir vor, dass damals viele Menschen mit Spaten und Schaufel hier gearbeitet haben. Den neuen Lauf haben sie mit Steinen eingefasst, den alten verfüllt. Es ist interessant zu sehen, wie der Fluss an einigen Stellen versucht, in sein altes Bett zurückzukehren, wenn irgendwo was kaputt ist. Als wolle er wieder in seine Mäander fließen.
Unser Haus hier haben wir vor fünfzehn Jahren gefunden, es war eine verschlafene Ruine mit einem schönen Garten, das hat uns gefallen. Abtnaundorf ist erst langsam aufgewacht und es wacht immer noch auf. Dass hier alles so gut zusammenstimmt, haben wir dem Herrn Frege zu verdanken, der mit der antiquierten Haltung eines Patriarchen ein klassisches Landgut haben wollte. Er verfügte wie ein kleiner König über die Leute, kümmerte sich auch um die Schule und um Waisenkinder, aber er wollte eben der Herr sein. Ringsum tobte schon die Industrialisierung, während er hier die Struktur eines alten landwirtschaftlichen Gutes beibehielt. Als ihm die Stadt zu sehr auf die Pelle rückte, ist die Familie Frege 1916 noch weiter von Leipzig weggezogen. Nun, ich war nicht dabei, aber das scheint mir plausibel, wenn ich mich hier so umsehe. Dadurch haben wir hier so eine kleine ländliche Enklave.
Ich bin Puppenspieler. Wenn ich in den Park gehe, hat das damit zunächst nichts zu tun, aber dennoch interessieren mich die Geschichten und Märchen, die in diesem Raum stecken. Es gibt zum Beispiel ein Buch über Parthen-Trolle. Da fällt mir auf, dass die Sagen oft ganz kleine Ausschnitte und Aspekte transportieren, die eigentlich erst zu einer Geschichte ausgebaut werden müssten, so dass man angeregt wird und sich etwas vorstellen kann.
Zum Beispiel habe ich im Panometer das große Bild von Yadegar Asisi gesehen, das den Tag zeigt, als Napoleons Truppen Leipzig verließen. Da gibt es eine wunderschöne Stelle, die das Weichbild der Stadt nach Süden hinaus zeigt, wo sich ein Bach durch eine Wiese schlängelt. Ich weiß nicht, welcher es genau ist, aber man sieht, wie weich die Übergänge zwischen Gewässern, Wiesen, Wegen und Gebäuden damals waren. Es gab viel weniger Stein und viel mehr kleine Plätzchen – zumindest hat der Asisi das so entworfen und ich glaube, das könnte wirklich so ausgesehen haben. Was wir heute auf dem Dorf suchen, das war damals auch in Leipzig zu finden – Wiesen, auf denen Gänse und Pferde grasten und mittendrin fließt ein Flüsschen durch, Gras, Schilf, Fröschlein – so etwas Verträumtes.
Und solche Stellen gibt es immer noch an der Parthe. Leute kommen da kaum heran, die Plätze sind den meisten unbekannt. Zum Beispiel in Schönefeld am Mariannenpark, da geht man die Spazierwege entlang und fünfzig Meter weiter nördlich läuft parallel die Parthe, die noch viel reizvollere Stellen zu bieten hätte, mit den Blicken auf das Flüsschen, mit Fischreihern und Eisvögeln – diese Stellen sind aber ganz vergessen. Darüber kann man sich vielleicht auch freuen, weil das Flüsschen dadurch für sich bleibt, aber es ist auch schade. Hier im Abtnaundorfer Park kann man sehr schön an der Parthe entlanggehen. Da sind natürlich die Stellen, an denen einem kleine Brücken ermöglichen, die Seite zu wechseln, mal herunterzugucken und eine andere Perspektive einzunehmen, die sind besonders interessant. Es gibt hier zwei: den Katzenbuckel und die so genannte orange Brücke, die nach Mockau hinüberführt, da kann man das erleben, der Fluss wird da präsenter. Der Katzenbuckel war mal sehr schön, mit einem strahlenförmigen Geländer, das Foto habe ich in einer Broschüre von „Pro Leipzig“ gesehen. Er hat durch die Sanierung schon verloren, aber immerhin, eine gute Stelle am Fluss ist es geblieben.
Die Parthe hat auch durchaus wechselnde Wasserstände. Manchmal bin ich in Gummistiefeln unterwegs, weil der Weg im Park unter Wasser steht – das ist immer sehr schön… für mich und andere große Jungs! Leider ist das Wasser auch manchmal sehr dreckig und schaumig, wobei ich nicht weiß, ob da etwas eingeleitet wurde oder Dinge aus dem Boden ausgespült wurden, die auf die jahrzehntelange Verschmutzung zurückgehen. Gegenüber den 90er Jahren ist es natürlich schon viel besser. Und im Augenblick ist alles herrlich klar, man sieht Wasserpflanzen und Fische.
Was mir auch gefällt, ist ein Gebiet am S-Bahndamm, das unter einer Hochspannungsleitung liegt. Die Beanspruchung dieses Bereiches durch Leitungen für Strom und Fernwärme ist sehr massiv, aber es entstehen dadurch Räume, die anders genutzt werden können. Da sind auf einmal Leute, die einen Ponyhof dort aufgemacht haben. Die nutzen diese Freiräume. So entstehen Nischen, mit Ziegen, Gänsen und kleinen Hüttchen – freies Leben, eine wilde Laubenpieperkolonie.
Der Lutherweg und der ökumenische Pilgerweg gehen hier auch entlang. Man hat die extra hierher verlegt, weil die Strecke so reizvoll ist und man von hier aus im Grünen fast bis in die Stadt gelangen kann. Auch der Fahrradweg Leipzig-Berlin verläuft hier; es trifft doch einiges aufeinander.
Dennoch, der Raum ist nur teilweise offen, man kann sich nicht einfach so zum nächsten Parthendorf durchschlagen. Die Flächen sind stellenweise genutzt, etwa durch ein Fußballfeld, dann aber wieder vollkommen zugewachsen. Wenn man versuchen würde, direkt an der Parthe entlang eine Wegerschließung zu machen, das wäre sehr reizvoll. Dadurch ließe sich die Aue in ihrer Gestalt besser erkennen. Das wäre auch für die Arbeit mit Kindern interessant.

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