Die Parthenaue – Versuch einer kulturlandschaftlichen Bilanz
Oder: stadtPARTHEland und die Agenda eines Kulturlandschaftsmanagements
Autoren: Dr. Kenneth Anders, Florian Etterer, Lars Fischer, Sascha Fritzsch, Heike König, Torsten Schmidt-Baum, Hendrik Teubert, Axel Weinert, Ronny Wirkner, Nadine Zimmer
Schicken sich Wissenschaftler, Verwaltungsmitarbeiter und Planer an, die Entwicklung eines Landschaftsraumes zu betrachten, tun sie dies selten von ungefähr. In der Regel ist zuvor ein gesellschaftlicher Steuerungsbedarf deutlich geworden, der nun in Form von Forschung, Erprobung, Planung oder durch gezieltes Eingreifen gedeckt werden soll. Dies ist auch bei „stadtPARTHEland“ der Fall, einem im BMBF-Förderschwerpunkt „Nachhaltiges Landmanagement“ geförderten Verbundvorhaben unter der Leitung der TU Dresden, dessen wichtigstes Ziel es ist, Instrumente für ein Kulturlandschaftsmanagement entlang des sächsischen Flüsschens Parthe zu entwickeln.
Die Parthe ist klein, fast nur ein Bach. Sie entspringt im Glastener Forst bei Bad Lausick und mündet schon nach 56 Kilometern mitten in Leipzig, knapp hinter dem Zoo, in die Weiße Elster. Was ist das Besondere an dem durch sie geprägten Landschaftsraum und warum erhält er derzeit die besondere Aufmerksamkeit eines mehrjährigen Forschungsprojektes? Dieser Frage wollen wir im folgenden Beitrag nachgehen. Dabei versuchen wir zum einen, die Eigenart dieser Landschaft mit wenigen Federstrichen herauszuarbeiten, zugleich aber auch, die Verluste und Blessuren, welche die Parthenaue erlitten hat und wahrscheinlich weiterhin zu erwarten hat, aufzuzeigen.
Aus diesem Panorama entwickeln wir eine kleine Agenda für das erwähnte Kulturlandschaftsmanagement für die Parthenaue. Auf welche Fragen sollte es sich konzentrieren? Welche Instrumente kann es in Anschlag bringen? Welche Faktoren muss es anerkennen und in Kauf nehmen, welche Potenziale lassen sich nutzen? Zur Halbzeit unseres Projektes ist uns klar geworden, dass ein belastbares Konzept des Kulturlandschaftsmanagements letztlich von der Ehrlichkeit und Klarheit einer kulturlandschaftlichen Verlustrechnung abhängig ist. Dieser bilanzierende Blick ermöglicht erst ein aussichtsreiches konstruktives Bemühen.
Landschaft ist geteilter Raum
Beginnen wir mit einem Blick aus der Luft: Der Blick in die Parthenaue vor den Toren der Stadt Leipzig offenbart eine streng nach Funktionen wie Wohnen, Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft und Verkehr unterteilte Landschaft. Diese räumliche Trennung, auch Segregation genannt, ist eine relativ junge Form landschaftlicher Teilung. Sie ist eine Folge der wachsenden gesellschaftlichen Differenzierung und Arbeitsteilung von Industriegesellschaften und markiert einen entscheidenden Unterschied zu früheren Phasen der landschaftlichen Entwicklung.
Alte Dorf- und Kleinstadtstrukturen korrespondieren nämlich vielfältig mit den naturräumlichen Bedingungen, so auch in der Parthenaue: Hier wichen die Häuser der Parthe aus, dort schmiegten sie sich an sie an, hier verknüpften kleine Wege die Siedlung mit den umgebenden landwirtschaftlichen Flächen, dort teilten Gehölze verschiedene Nutzungen oder Besitzungen voneinander ab. Dass die alten Siedlungen geradezu in die Parthenaue hineingewachsen waren, lässt sich an ihren Strukturen z.B. in Sehlis noch gut ablesen.
Diese gewachsene räumliche Verflechtung verschiedener landschaftlicher Prägungen ist für den Leipziger Raum von besonderer Bedeutung, da große Teile des Leipziger Umlandes durch die Braunkohle in Anspruch genommen wurden. Die Parthe ist zwar im Leipziger Stadtraum und auch in der offenen Landschaft über weite Strecken kanalisiert, verrohrt und überbaut, man kann aber an vielen Stellen noch den historischen Auencharakter erkennen, der sich als Mosaik von Wassernutzungen (Mühlen, Teiche), Grünland und dörflichen Siedlungsstrukturen darstellt.
Betrachten wir dagegen die neuen Wohn- und Gewerbegebiete im Partheland, offenbart schon ihr geometrischer Zuschnitt, dass in ihrer Anlage ganz andere als naturräumliche Kriterien wie das Eigentum oder das Planungsrecht dominierten. Landwirtschaft, Siedlung, Gewerbe und Verkehr sind scharf voneinander getrennt, auch Naherholung und Naturschutz scheinen zunehmend eigene, privilegierte Bereiche zu beanspruchen und nicht mehr ohne weiteres als Funktion des Gesamtraumes auffindbar zu sein. Was ist die Folge?
Landschaft ist geteilter Raum. Damit ist zum einen benannt, was wir auch im Partheland erkennen: Der Raum wird eingeteilt, die Nutzungen grenzen sich voneinander ab. Die Segregation erlaubt eine enorme Beschleunigung des Raumes, eine gezielte Priorisierung jeweils einer Nutzung.
Die andere Bedeutung des Teilens gerät dabei aber aus dem Blick. Wird der Raum aufgeteilt, verblasst das Miteinander-Teilen, die gemeinsame gesellschaftliche Prägung des Raums. Wohngebiete, Ackerflächen und Gewerbegebiete driften auseinander. Dörfer drohen wie Inseln in der Landschaft zu liegen, infrastrukturell angeschlossen an den Ballungsraum, derweil aber abgeriegelt von den umliegenden Flächen. Ein auf die Landschaft orientiertes Handeln und Gestalten wird unter diesen Bedingungen immer schwieriger.
Was geschieht mit den Flächen im Partheland, mit den Gehölzen, wie steht es um das Arteninventar? Wie fällt die kulturlandschaftliche Bilanz für die Parthenaue aus? Und inwiefern lassen sich auf dieser Bilanz Aussagen über das zukünftig benötigte Kulturlandschaftsmanagement treffen?
Flächeninanspruchnahme
Die Parthenaue ist schon seit Jahrtausenden wegen der Gewässernähe und der fruchtbaren Aue ein beliebtes Siedlungsgebiet. Auch Leipzig selbst ist streng genommen eine Parthegründung. Heute lässt sich eine Siedlungskette von 34 Dörfern und Städten entlang der Parthe finden.
Diese dichte Abfolge von Siedlungen prägt den Landschaftsraum. Unter den Flußauen im Leipziger Raum, findet sich keine, deren Kirchen dermaßen die Landschaft prägen wie am Unter- und Mittellauf der Parthe. Für ihre Anlage wurden gerne die flussnahen Kuppenlagen der Endmoräne genutzt (Kühn 2002, S. 78). Beispiele hierfür sind die Kirchen von Beucha, Panitzsch und Thekla, die landläufig als die „drei Hohepriester“ des Parthelandes bezeichnet werden.
Die Siedlungen entlang der Parthe entwickelten sich bis Ende des 19. Jahrhunderts recht langsam und orientierten sich funktional an den naturräumlichen Gegebenheiten der Umgebung.
Infolge der Industrialisierung stieg am Ende des 19. Jahrhunderts die Bevölkerungszahl der Stadt Leipzig rasant an. Ein erster, massiver Bauboom ergriff die stadtnahe Parthenaue zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg. In dieser Zeit entstanden die ersten Wohnsiedlungsbauten in Selbsthilfe (z. B. Otto-Kögel-Siedlung in Thekla, 1926), die sich schnell zu Großsiedlungen (z. B. Moränensiedlung in Portitz) entwickelten (Nabert 2002, S. 95). Im Zuge der Kriegsvorbereitungen folgten dem Wohnungsbau zahlreiche Rüstungswerke wie die Mitteldeutschen Motorenwerke (MiMo) oder die Junkers Flugzeugwerke (Nabert 2002, S. 96–97). Bereits 1913 wurde im Norden Mockaus (heute Neue Messe) der Leipziger Luftschiffhafen eröffnet.
„Wegen des Krieges kam spätestens 1940 die gesamte Bautätigkeit in allen Siedlungen zum Erliegen. Bis dahin hatte sich in einem Zeitraum von lediglich 15 Jahren um die genannten Dörfer [Mockau, Thekla, Portitz, Plaußig] ein riesiger Siedlungsteppich gebildet. Fast jedes dritte der etwa zehntausend Eigenheime, die in dieser Zeit in Leipzig entstanden, wurde im Nordosten der Stadt gebaut.“ (Nabert 2002, S. 97)
Mit Ausnahme weniger Projekte wie z. B. der Weidenhofsiedlung (1919-1924) in Leipzig-Mockau verschrieben sich diese Städtebauprojekte einzig und allein der schnellen Schaffung von günstigen Eigenheimen mit Selbstversorgergarten für die arbeitende Bevölkerung. Gestalterische Konzepte, ästhetische Details und eine Bezugnahme zur Umgebung spielten hingegen eine untergeordnete Rolle.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Wiedervereinigung 1990 war die Bevölkerungsentwicklung in der DDR leicht rückläufig. In den siebziger Jahren erfolgte die Anlage mehrerer Siedlungen des komplexen Wohnungsbaus in Mockau, Schönefeld und Thekla, die ganz bewusst keine Bezüge zu den bisherigen städtebaulichen Prinzipien und bestehenden Baustrukturen herstellten. Diese Siedlungsformen verkörpern den absoluten Gegensatz zu den gewachsenen Dorfstrukturen entlang der Parthe.
Da der Wunsch vom Eigenheim während der DDR-Zeit für den Großteil der Bevölkerung schlichtweg nicht erfüllbar war, setzte in den 90er Jahren trotz eines massiven Bevölkerungsverlustes ein zweiter, massiver Bauboom ein. Da gleichzeitig die Mobilität deutlich günstiger und emsig in die Verkehrsinfrastruktur investiert wurde, entstanden nun neue Wohngebiete auch in weiter entfernt liegenden Ortslagen wie Hohenheida oder Borsdorf.
Dass bei der Planung dieser Neubaugebiete die Lage im Partheland und dessen landschaftliche Eigenarten keinerlei Rolle spielten, verdeutlicht das Beispiel der „Parkstadt 2000“ bei Portitz. So werben die Investoren mit Landschafts- und Architekturmotiven aus vier beliebten europäischen Urlaubsländern: ein Französischer Platz, eine italienische Allee, eine Schweizer Seenlandschaft und ein spanischer Garten (Nabert 2002, S. 98).
Zudem entstanden „auf der grünen Wiese“ bis in die 2000er Jahre zahlreiche Industrie- und Gewerbestandorte in verkehrsgünstiger Lage am Stadtrand. Insbesondere im Leipziger Norden veränderten sich das Erscheinungsbild und die Nutzung der Landschaft radikal infolge der Flächeninanspruchnahme durch Gewerbe und Infrastruktur, zum Beispiel für die Neue Messe oder das BMW-Werk, aber auch durch die gesetzlich vorgeschriebenen Kompensationsmaßnahmen im Zuge der Eingriffs- und Ausgleichregelung.
Der Goldgräberstimmung der 90er Jahre und dem Konkurrenzkampf zwischen den Kommunen um Gewerbesteuereinnahmen ist es letztlich geschuldet, dass im Partheland eine Überversorgung mit Gewerbeflächen entstand. Auf den unbebauten Baufeldern in Ortsrandlage entstanden daher mehrere große Photovoltaikparks.
Mittlerweile kann auch die Kernstadt Leipzigs wieder einen verstärkten Zuzug aufweisen und brachgefallene Flächen gelangen wieder in Nutzung. Nicht wenige dieser Brachen hatten und haben sich wie das Gelände am Alten Postbahnhof unmittelbar an der Parthe zu „urbanen Wildnissen“ entwickelt. Deren erneute Bebauung wird zum Verlust von Freiräumen und ökologischen Nischen führen. Die überbauten Wiesen und Felder an der Peripherie Leipzigs sind dauerhaft verloren.
Nicht nur die Flächeninanspruchnahme für Wohnen und Gewerbe führte zu Verlusten. Eine Bundesautobahn, die A14, und zwei Bundesstraßen, die B6 und die B87 durchschneiden das Partheland. Eine weitere wichtige Verkehrsader ist die Eisenbahnstrecke Leipzig – Dresden welche die Parthe in Borsdorf quert.
Lediglich das Taucha-Eilenburger Endmoränengebiet zwischen Taucha und Borsdorf ist als letzter größerer unzerschnittener Raum erhalten geblieben und ragt damit – noch dazu in unmittelbarer Nähe zur Stadt Leipzig – markant aus dem Umland hervor. Und gerade hier hinein wurde ein Trassenvorschlag für den Neubau der Bundesstraße B 87n konzipiert. Auch wenn im aktuellen Bundesverkehrswegeplan nur noch die weiter nördlich gelegene Variante dargestellt wird, sehen engagierte Bürgerinnen und Bürger bislang keine 100%-Entwarnung für dieses Kernstück des Parthelandes und das Thema belastet weiterhin die Region.
Insgesamt wird in den kommenden Jahren eine weitere Bevölkerungszunahme erwartet und eine Entspannung der Flächenkonkurrenzen ist daher nicht zu erwarten. Rund ein Drittel des Parthelandes wird heute als Siedlungsfläche genutzt und stellt nach der landwirtschaftlichen Nutzung die zweitstärkste Nutzungsform dar. Betrachten wir die Hauptlandnutzungsformen in den vier Kommunen Borsdorf, Brandis, Taucha und Leipzig, so ist ein negativer Trend nur bei der Landwirtschaftsfläche festzustellen. Mit einem Rückgang von 3.144 ha handelt es sich absolut um die größte Veränderung.
Landwirtschaft
Das Partheland wird noch geprägt von landwirtschaftlichen Nutzungen. Reichlich 50% unseres Projektgebietes wird in Form von Ackerland (40%) oder Grünland (10%) bewirtschaftet.
Der Waldanteil ist hingegen, wie in der gesamten Region, gering und liegt deutlich unter 10%. Aufgrund der günstigen Standortverhältnisse und der Nähe zur Stadt Leipzig entwickelte sich im Partheland bereits im 12./13. Jahrhundert eine ausgedehnte ackerbauliche Bewirtschaftung. Diese erfolgte durch Mittel- und Großbauern sowie zehn Rittergüter. Neben den Rittergutsbesitzern wurden im Laufe der Zeit die Universität Leipzig und der Leipziger Rat zu den größten Grundbesitzern in der Region. Beispielsweise kaufte der Leipziger Rat 1575 das Graßdorfer Rittergut mit dem Staditzwald.
Um 1940 existieren in Leipzig bereits 41 Großbetriebe mit über 100 Hektar Fläche. Größter Grundbesitzer war die Stadtgemeinde Leipzig. (Stadt Leipzig 2013, S. 101)
Einen tiefen Einschnitt für die Entwicklung der agrarisch geprägten Kulturlandschaft verursachten die Bodenreform 1945 und die spätere Zwangskollektivierung der noch bestehenden bäuerlichen Betriebe bis zum Frühjahr 1960. Betroffen waren vor allem die Bauerndörfer im Umland der Stadt. Die seit fast tausend Jahren bestehende soziale und wirtschaftliche Grundlage der Dörfer wurde dadurch in kürzester Zeit radikal verändert.
Bis 1992 erfolgte die vorwiegend ackerbauliche Bewirtschaftung des stadtnahen Parthelandes daraufhin durch zwei große Volkseigene Güter: das VEG Pflanzenproduktion Engelsdorf südlich der heutigen B87 und das VEG Pflanzenproduktion Plaußig. Zuständig für die Tierproduktion waren die LPGs Merkwitz und Taucha. „Letztere entstand aus der Portitzer Schweinemastanstalt. […] Als Futtergrundlage dienten die von anfangs 100 haupt- und ehrenamtlichen Sammlern der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) in 15.000 Kübeln gesammelten Haushaltsküchenabfälle.“ (Brendler 2002, S. 108) Die Sammlung von Küchenabfällen als Futtergrundlage wurde noch bis 1992 fortgesetzt. Zu Hochzeiten bezifferte sich der Bestand auf 26.000 Tiere was in der Folge auch zu einem erheblichen Gülleproblem führte (Brendler 2002, S. 108). Außerdem entstanden um Taucha Legehennenhaltungen, die auch heute noch betrieben werden.
1952 entstand das Institut für Landschaftsgestaltung an der Karl-Marx-Universität Leipzig als Teil der landwirtschaftlich-gärtnerischen Fakultät. Initiiert von Prof. Albrecht Krummsdorf wurden die Fluren Seegeritz und Cunnersdorf zu Beispiellandschaften entwickelt und zum „Forschungs- und Beobachtungsraum für Landeskultur“. (Krummsdorf 2007, S. 261) In den frühen 50er Jahren begann man dort mit dem Aufbau umfangreicher Flurholz- und Schutzpflanzungen sowie Obstanbau zur Strukturierung des erosionsgefährdeten und gehölzverarmten Gebietes. Ein großer Teil der Krummsdorfschen Flurgehölzpflanzungen fiel jedoch dem BMW-Werk und den angrenzenden Gewerbebetrieben zum Opfer.
Ab den 70er Jahren kommt es schließlich zu einer radikalen Ausräumung der Feldfluren und zur Anlage von großen Ackerschlägen mit einer Fläche bis über 100 Hektar.
Seit der Wende wird die intensive ackerbauliche Bewirtschaftung durch Nachfolgebetriebe der privatisierten Volksgüter auf deren Flächen – sofern nicht überbaut – fortgesetzt. Die Wirtschaftsweisen und die betriebliche Orientierung haben sich jedoch stark verändert. Die meisten Betriebe konzentrieren sich mittlerweile auf den Marktfruchtbau, der wirtschaftlich noch lukrativ ist. Hingegen hat die Zahl der Nutztiere und mit Ihnen auch die Zahl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft stark abgenommen. In den LPGs Merkwitz und Taucha wurden die Tierbestände bereits 1992 abgeschafft. Die beiden größten Agrarbetriebe im Gebiet haben ihre Tierhaltung 2007 bzw. 2016 komplett aufgegeben.
Auch wenn viele Flächen nach der Wende an ihre ursprünglichen Eigentümer bzw. deren Erben zurückgingen, so haben doch bereits die meisten von ihnen dauerhaft den Bezug zur Landwirtschaft verloren. Dies ist für die soziale Einbindung der Landwirtschaft von Bedeutung, denn insgesamt ist der Pachtanteil der bewirtschafteten Flächen bei den Agrarbetrieben daher sehr hoch.
Kleinbauern, Direktvermarkter und Nebenerwerbslandwirte spielen im Hinblick auf den Flächenanteil im Partheland bislang nur eine untergeordnete Rolle. Aufgrund des hohen Nutzungsdruckes, der gestiegenen Bodenpreise und langfristiger Pachtverträge ist es für Neu- wie Wiedereinrichter insgesamt schwer überhaupt an landwirtschaftliche Nutzflächen zu kommen. Eine Nachfrage nach regionalen und nachhaltig produzierten Erzeugnissen ist jedoch definitiv gegeben.
Regulierungen
Trotz der intensiven Siedlungsentwicklung seit Ende des 19. Jahrhunderts, blieb die Parthenaue mit Ausnahme des Abschnitts zwischen Hauptbahnhof und Zoo von einer intensiven Bebauung verschont und entwickelte sich zu einem wichtigen Erholungsgebiet für die Stadtbevölkerung.
Bereits 1963 wird die Parthenaue als Landschaftsschutz- und Erholungsgebiet bestätigt (Stadt Leipzig 2013, S. 103). Heute sind große Teile sogar als europarechtlich geschütztes FFH-Gebiet ausgewiesen und gleich vier Landschaftsschutzgebiete bilden entlang der Parthe ein zusammenhängendes Gebiet von fast 17.000 ha Fläche. Diese Unterschutzstellungen erschweren das Bauen außerhalb der Siedlungsgebiete und bieten somit einen erhöhten Schutz der Landschaft vor Veränderungen. Dass die Parthenaue auch heute noch als durchgängige grüne Achse erlebbar ist, belegt die Wirksamkeit dieser Rechtsinstrumente.
Insbesondere die deutschen Gesetze funktionieren aber in aller Regel nur restriktiv. Das heißt, sie formulieren Verbote und keine Gebote. Als Beispiel: Zwar ist die Umwandlung von Wiesen (Grünlandumbruch) im FFH-Gebiet Parthenaue ausgeschlossen, dennoch verlieren viele Flächen hinsichtlich ihrer Artenausstattung an naturschutzfachlicher Qualität.
Noch dramatischer: Die heutige Komplexität und Fülle an Gesetzen und sonstigen Regulierungen begrenzen nicht nur die Handlungsräume von Akteuren – sie wirken mitunter hemmend und verhindern dadurch wünschenswerte Aktivitäten und Kooperationen. Wenn, wie bei der extensiven Beweidung von feuchtem Grünland im Überschwemmungsgebiet, gleich mehrere Gesetze und damit auch behördliche Zuständigkeiten betroffen sind, kann die entstehende Fülle von Auflagen schnell zur Aufgabe eines insgesamt positiven Projektes führen. Die vielen Gesetze verstärken so letztlich die Segregation der Landschaft.
Eine rechtliche Besonderheit stellt die sogenannte Eingriffsregelung nach Bundsnaturschutzgesetz (BNatSchG) bzw. Baugesetzbuch (BauGB) dar. Sie ist eines der wenigen Instrumente des Naturschutzes mit Gestaltungskraft. Denn demnach ist der Verursacher eines erheblichen Eingriffs in Natur und Landschaft verpflichtet, diesen zu kompensieren. In der Praxis bedeutet dies, dass für den Verlust von natürlichen Funktionen (z.B. Lebensraum, Frischluftproduktion etc.) zum Beispiel durch den Bau eines Wohngebietes auf Ackerland auch Naturschutzmaßnahmen zum Ausgleich zu leisten sind. Dies erfolgt durch die ökologische Aufwertung von Flächen, durch Entsiegelungsmaßnahmen, Gehölzpflanzungen, etc.
Im Zuge der Entwicklung des Industrieparks Nord mit dem BMW-Werk als Zentrum, wurde in dessen Randbereichen eine regelrechte „Ausgleichslandschaft“ geschaffen. Dort entstanden ca. 160 ha neues Grünland, zahlreiche Hecken und großflächige Baumhaine. Zwar erfolgte dadurch auch tatsächlich eine ökologische Aufwertung, wovon Nachweise von Rebhuhn, Steinschmätzer und Flussregenpfeifer zeugen. Ursprünglich wurde das gesamte Gebiet des Industrieparks Nord jedoch ackerbaulich bewirtschaftet. Aber diese neu geschaffene Ausgleichslandschaft stellt für die Landwirte der Region keinen Nutzen mehr dar. So war und ist es für die Stadt Leipzig schwer, geeignete Akteure zu finden die sich zur Pflege dieser Flächen bereit erklären.
Artenvielfalt und Biotope
Wie die Parthelandschaft sich ohne Einfluss des Menschen darstellen würde und wie sie vielleicht ursprünglich ausgestattet war, ist heute kaum noch nachvollziehbar. Wahrscheinlich wären die Niederungen vorwiegend von Schwarzerlen-Eschen-Auwäldern bedeckt, wobei lokale Übergänge zu Bruchwäldern oder Hartholzauen anzunehmen sind. In den erhöht liegenden Bereichen würden sich Eichen-Hainbuchen-Wälder unterschiedlicher Ausprägung anschließen.
Das Parthegebiet ist aber altes Kulturland und wird schon seit vielen Jahrhunderten vom Menschen geprägt. Wälder wurden gerodet, teilweise entwässert und in Grün- bzw. Ackerland verwandelt; es entstand eine sehr artenreiche Kulturlandschaft, die bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehr oder minder charakteristisch war. Ihre konkrete Arten- und Biotopausstattung ist heute nur noch bruchstückhaft bekannt. Aus Schriften des 19. und frühen 20. Jahrhundert lässt sich aber zum Beispiel ableiten, dass es magere Moorwiesen gegeben haben muss. So benennen Leipziger Florenwerke aus dieser Zeit für das Parthegebiet etliche Flachmoorarten, die es hier inzwischen nicht mehr gibt. Typischer Bewohner solcher Flächen waren unter anderem die Schmetterlingsarten Moor-Wiesenvögelchen, Abiss-Scheckenfalter oder Blauschillernder Feuerfalter. Sie sind nach den umfänglichen Regulierungen des Parthelaufs in den 1930er Jahren ausgestorben.
Infolge dieser wasserbaulichen Maßnahmen sowie durch die Industrialisierung der Landwirtschaft in stadtnahen Bereichen aber auch wegen fortschreitender Bebauung ging die Artenvielfalt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer mehr zurück. Hinzu kamen die weitere Absenkung des Grundwasserspiegels, vor allem durch Brauch- und Trinkwasserentnahme, und eine enorme Abwasserbelastung der Parthe.
Wertvolle Restbiotope sind nur lokal und zumeist kleinflächig erhalten geblieben, zum Beispiel die mit Schafen beweideten Sandmagerrasen auf den Kuppen der Endmoränen sowie einige frische bis wechselfeuchte, zweischürige Mähwiesen in den Auenlagen. Bei den Wiesen waren dies zuletzt Flächen, die nicht durch landwirtschaftliche Großbetriebe bewirtschaftet und gedüngt wurden, insbesondere in Trinkwasserschutzgebieten, in Parkanlagen oder unter „privater“ Nutzung. Sie sind zum Teil noch heute Standort erheblich gefährdeter Arten und auch als geschützte Lebensraumtypen nach FFH-Richtlinie von besonderer Bedeutung.
Ab 1990 haben sich die Verhältnisse noch einmal sehr verändert. Insbesondere der starke Rückgang der landwirtschaftlichen Tierproduktion und die zugleich zunehmende Pferdehaltung sowie die Umstrukturierung der politischen und verwaltungstechnischen Rahmenbedingungen blieben nicht ohne Auswirkungen. Viele der wertvollen Restflächen fielen brach bzw. unterliegen nur noch einer staatlich geförderten Mindestpflege. Weil Grünfutter bzw. Heu nicht mehr oder bestenfalls in überständiger Form für Pferde benötigt wird, leiden die meisten Flächen an einer andauernden Unternutzung, verharren also in einem „halbbrachen“ Zustand, der der Artenvielfalt fast ebenso abträglich ist wie die vormalige Intensivwirtschaft.
Verstärkt wird dieser Effekt vielerorts durch eine geminderte Nutzungsfähigkeit infolge des Wiederanstiegs der Grundwasserspiegel, insbesondere wenn die hier früher vorhandenen Entwässerungsgräben nicht mehr funktionsfähig sind. Eine Rückführung in die ursprünglichen Moorwiesen wäre zwar wünschenswert, ist aber aufgrund irreversibler Schädigungen der Bodensubstrate infolge des Flussausbaus nicht möglich. Vielmehr verbleiben die Flächen in einer stark wechselnassen und zugleich nährstoffreichen Beschaffenheit, die eine erneute Ansiedlung der ehemalig vorkommenden Flachmoorarten ausschließt. Die Vernässungstendenzen führen außerdem unmittelbar zum Rückgang zwischenzeitlich wertbestimmender Arten, wie dies für die Bestände des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings belegt wurde. Die gemäß FFH-Richtlinie besonders schutzwürdige Art besitzt derzeit im Raum Leipzig – noch – einen landesweit bedeutsamen Besiedlungsschwerpunkt. Die standortgerechte und diversitätsfördernde Bewirtschaftung solcher Bereiche erscheint letztlich also nur bei (moderater!) Entwässerung möglich.
Als einen positiven Beitrag zur Artenvielfalt sind aus jüngster Zeit zwei Dauerbeweidungsprojekte mit Robustrinderrassen am Grünen Bogen in Heiterblick und an der Weinbergwiese in Taucha hervorzuheben. Hier sind ökologische Nischen für Arten entstanden, die sonst im Gebiet nicht oder kaum noch vorkommen. Gleichwohl können solche Beweidungen nicht als generelle Alternative zur traditionellen Mähwiesenwirtschaft betrachtet werden, da hierdurch jeweils andere Artenspektren gefördert und begünstigt werden.
Zu erwähnen ist aber auch die inzwischen wieder viel bessere Wasserqualität in der Parthe selbst. Trotz nach wie vor kanalisiertem Ausbau enthält der Fluss eine zunehmend mannigfaltige Lebewelt. Sichtbar wird dies beim Blick auf die Wasservegetation. Erst neuerdings konnte etwa der in Sachsen stark gefährdete Flutende Hahnenfuß mehrfach nachgewiesen werden und in den Uferbereichen gedeiht wieder die ebenfalls stark bedrohte Brunnenkresse.
Im Unterschied dazu schreitet der Artenschwund in den Ackergebieten des Partheraumes immer noch bedenklich voran: Rebhuhn, Kiebitz und Grauammer sind kaum noch zu finden und so manches Getreidefeld bleibt komplett unkraut- und insektenfrei, auch weil eine weniger intensive Wirtschaftsweise derzeit offenbar nicht rentabel ist. Dieser Tendenz können aber die im Rahmen des stadtPARTHEland-Projektes angelegten temporären Blüh- und Brachestreifen zumindest teilweise entgegenwirken.
Stoffkreisläufe
Eine gezielte Verwertung von organischen Reststoffen wie Grün- und Gehölzschnitt aus der Kulturlandschaftspflege in regionalen Kreisläufen wird sowohl von öffentlichen als auch privaten Akteuren im Partheland befürwortet. Über die Pflege und Erhaltung der Kulturlandschaft könnten neben einer Verbesserung der regionalen Wertschöpfung, mit Hilfe innovativer Lösungen, Flächenkonkurrenz reduziert und klimarelevante Treibhausgasemissionen eingespart werden.
Aufgrund verschiedener Eigentums- und Besitzerstrukturen und entsprechender Zuständigkeiten handelt es sich jedoch im Untersuchungsgebiet um einen Flickenteppich voneinander gelöster Stoffströme, in welchen die anfallende Biomasse mehrheitlich entsorgt und nicht als nachwachsende und nutzbare Ressource betrachtet wird. Die Entsorgung der Reststoffe ist ein nicht unwesentlicher Kostenfaktor für die notwendigen Pflegemaßnahmen. Daraus resultiert zum Teil eine ungenügende oder gar ausbleibende Pflege und wertvolle Strukturen in der Landschaft wie zum Beispiel Flurgehölze werden ihrer Funktionalität beraubt oder verschwinden in Gänze. Die private Nutzung von Mähgut für die Versorgung von bäuerlichen Kleinststrukturen, insbesondere die Haltung von Kaninchen, Hühnern, Gänsen und Schafen, hat sich im Laufe der Zeit auch in den ländlichen Bereichen deutlich reduziert, was wiederum die Frage der Entsorgungskosten für die anfallende Biomasse verstärkt.
Hingegen sind die Nutzung und der entsprechende Bedarf an Brennholz für private Holzfeuerungen und Kamine auch in den städtischen Bereichen deutlich gestiegen. Allerdings wird hier nur in geringem Maße Holz aus der Landschaftspflege nachgefragt, der Fokus liegt hier auf hochwertigem Scheitholz etwa von Eiche und Buche. Das im Partheland im Falle einer Pflege der Windschutzpflanzungen etwa bei Sehlis anfallende Pappelholz steht aufgrund seiner geringen Mengen und Brennholzqualität eher nicht im Mittelpunkt entsprechender Nischensortimente.
Aber es gibt Hoffnung, auch diskontinuierlich anfallende Reststoffströme mit einer sehr heterogenen Qualität in Nutzung zu bringen. Vielleicht bietet gerade der besagte Flickenteppich die Chance für kleine optimierte Bereitstellungskonzepte, welche in Summe der Kulturlandschaftspflege wieder einen höheren Wert zukommen lassen. Wichtig ist es, die vermeintlichen Reststoffe oder Abfälle als nachhaltig bewirtschaftbare Ressource wahrzunehmen, was zunächst in den Köpfen passieren muss und mitunter Anpassungen in eingefahrenen Prozessen nach sich zieht.
Ansätze in dieser Richtung finden sich eher im privatwirtschaftlichen Bereich. Ein Beispiel ist der Biomeiler, eine Art Kompostmiete mit der kostengünstig Wärmeenergie gewonnen werden kann. Ein erster steht in der Gärtnerei Annalinde in Leipzig Lindenau. Ökolandbaubetriebe aus dem Partheland äußerten großes Interesse an zertifiziertem Kompost und Düngersubstituten, die aus Schnittgut von extensiv genutzten Landschaftspflegeflächen gewonnen werden könnten und über den Zwischenschritt eines Biomeilers kompostiert werden.
Um jedoch über die Einzelansätze hinausgehen zu können, bedarf es auf regionaler Ebene eines verantwortlichen Akteurs mit entsprechender Legitimation, um eigentümerübergreifend Einzelmaßnahmen zu bündeln und zwischen Angebot und Nachfrage zu vermitteln. Ein Kulturlandschaftsmanagement könnte in diese Rolle eintreten.
Durch die Bündelung von Stoffströmen und gezielten höherwertigen Nutzung ließen sich in Summe die Entsorgungskosten reduzieren. Bei einer energetischen Nutzung können darüber hinaus fossile Brennstoffe ersetzt und CO2-Emissionen verringert werden. Dies würde eine zumindest anteilige Finanzierung der koordinierenden Stelle aus dem kommunalen Haushalt rechtfertigen und das Stoffstrommanagement verbessern.
Gehölzstrukturen
Wie schwierig die Bewirtschaftung von kleinteiligen Stoffströmen ist, zeigt sich an den gegenwärtigen Gehölzstrukturen in der Landschaft. Das Partheland war und ist keine Flurgehölzlandschaft, erst in den 1960er Jahren sind vielerorts Flurbelebungsbegrünungen mit wirtschaftlichem Hintergrund wie Pappelholzstreifen oder Hecken realisiert worden. Die Bewohner im Partheland haben sich an die Strukturen gewöhnt und wissen diese zu schätzen. Der leicht geschwungene Landschaftsraum wird durch diese Gehölzstrukturen und auch durch Obstbäume an Straßen und Wegen gegliedert und verschönert.
Die Partheländer möchten diese Strukturen erhalten wie sie sind. Dass eine gute Hecke aber alle 25 Jahre auf den Stock gesetzt wird, ist nur teilweise bekannt. Die Scheu ist groß, hier Hand anlegen zu lassen. Werden sich diese Landschaftselemente wieder so entwickeln, wie man es gewohnt war? Aus Angst, dass die Landschaft ihren Charakter verliert, werden dingend notwenige Pflegemaßnahmen blockiert.
Die bestehende Dynamik in der Kulturlandschaft wird ausgeblendet. Und da die Gehölzstrukturen die ursprünglich gedachte wirtschaftliche Nutzung nie erhalten haben, befinden sie sich zum jetzigen Zeitpunkt in einem stark überalterten Stadium. Hier liegt die tatsächliche Gefahr des Verlustes dieser Landschaftselemente: Die Gehölze sterben, fallen auf die Äcker, werden weggeräumt und sind damit dauerhaft verschwunden, auch als Lebensraum für Vögel, Insekten etc.; ein schleichender Prozess vieler kleiner, kaum wahrnehmbarer ökologischer wie landschaftsästhetischer Veränderungen.
Heute, unter den Bedingungen einer meist am globalen Markt ausgerichteten, intensiven und um jede nutzbare Fläche ringenden Landwirtschaft, einen Platz zu finden, an dem diese Strukturen neu entstehen könnten, ist nahezu aussichtslos und nur unter rechtlichem Zwang, meist im Kontext der Ausgleichs- und Eingriffsregelung, realisierbar. Nutzbringende Landschaftsverschönerungen vorzunehmen und zum Beispiel Gehölzstrukturen neu anzulegen, also naturräumlich ästhetisches und ökonomisches Handeln zu verbinden, ist heute unter Land- und Forstwirten die Ausnahme.
Die derzeitigen Fördertöpfe zur Sanierung und Pflege von Flurgehölzen sind keine ausreichende Motivation, sich des Themas anzunehmen. Solange kein ökonomischer Mehrwert entsteht, handeln nur jene Eigentümer dieser Strukturen, die angesichts der Pflegedefizite ein Eingreifen nicht weiter hinauszögern können.
Über den Zweckverband Parthenaue, den Landschaftspflegverband Nordwestsachsen sowie das Projekt stadtPARTHEland ist vielfach der Versuch unternommen worden, das Thema einer kosteneffizienten und koordinierten Pflege der Strukturen anzugehen. Eine Verbesserung der Situation konnte mit diesen Versuchen nicht bewirkt werden, denn die Pflegedefizite sind groß.
Die zentrale Frage ist also, wie die Pflege der Kulturlandschaft als ein öffentliches Gut finanziert werden kann. Ob im Rahmen der Neuausrichtung der Agrarpolitik ab 2020 eine konsequente Ausrichtung von Zahlungen an die Landwirtschaft, orientiert am Gemeinwohlprinzip nach dem Grundsatz „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ erfolgen wird und „finanzielle Mittel in ausreichender Höhe“ bereit gestellt werden, wie es der Agrar-Report 2017 des Bundesamtes für Naturschutz (BfN 2017, S. 2) fordert? Die beste Pflege von Gehölzstrukturen ist ihre Nutzung als nachhaltige Ressource. Dies im Partheland umzusetzen ist schwierig. Der Zweckverband Parthenaue hat sich an verschiedenen Förderprogrammen beteiligt und Neupflanzungen realisiert.
Wirtschaftliche Interessen zur späteren Nutzung lagen jedoch nicht vor. Und da sich mittlerweile viel – aus ökologischer Sicht wertvolles – Totholz in den Strukturen befindet, müssten naturschutzfachliche Vorgaben gelockert werden, was ebenso eine Gefahr für die Qualität der Kulturlandschaft darstellen kann und demzufolge nicht zu erwarten ist.
Tierhaltung
Auch in der Tierhaltung vollzog sich im Partheland ein erheblicher Wandel in der klassischen Nutztierhaltung. Nicht mehr Rinder und Schafe stehen auf den Wiesen, sondern Pferde. Die Pferdewirtschaft stellt heute den Hauptnutzer und Bewirtschafter der Grünlandflächen dar.
Nutztierhaltung findet sich nur sehr kleinteilig im Landschaftsraum. Zudem sind die bestehenden gesetzlichen Vorgaben zur Nutztierhaltung auf Stallhaltung ausgerichtet und weniger auf Freilandhaltung. Die gesetzlichen Vorgaben der Freilandhaltung sind sehr schwierig erfüllbar, widersprechen sich teilweise und lassen die tierhaltenden Akteure im Stich. Ein Haupterwerb kann mit Freilandnutztierhaltung nicht finanziert werden. Bei Pferdehaltung werden derzeit gesetzliche Vorgaben noch wenig behördlich geprüft, was mitunter den Eindruck vermittelt, dass bei der Pferdehaltung weniger Reibungspunkte zwischen Haltung und Gesetz bestehen. In der nächsten Zeit wird sich dies jedoch ändern.
Die Parthe und ihr Weg vom Abwasserkanal zum Fluss mit Badequalitäten
Die natürliche Flusslandschaft wurde fortwährend durch den Menschen ge- und überprägt. Siedlungen, Industrie, Verkehr und Ackerbau drängten verstärkt in die Auenlandschaft. In Stadtnähe wiederum wandelte sich die Aue in einen von Grün- und Sportflächen geprägten Niederungsbereich, der Mariannenpark in Leipzig, der Schöppenteichpark in Borsdorf oder das Freibad in Leipzig Schönefeld stehen hier als Beispiele. Im Stadtgebiet ist die Parthe ein steinerner Fluss, gefasst, begradigt und als technisches Bauwerk zum Schutz vor Hochwasser kanalisiert.
Die Parthe als Fluss hat für die Menschen im urbanen, suburbanen oder ländlichen Raum höchstens eine marginale Bedeutung. Weder ist der Name bekannt, noch dass es einen entsprechenden Fluss gibt und kaum jemand kann den Verlauf beschreiben. Im Stadtgebiet Leipzig wird die Parthe nur als(Abwasser-!)Kanal wahrgenommen.
Wasserwirtschaftlich ist sie ein bedeutender Wasserversorger und Vorfluter für das Partheland. In ihr leben (wieder) Fische, Nutrias, Amphibien, an ihr Insekten. Ihre Auen tragen bei zu einem guten Mikro-Klima und sind bedeutende Lebensräume. Regnet es mal stärker, „springt“ die Parthe schnell an, tritt über die Ufer und nimmt dann die ockerfarbenen Eisenminerale aus den Wiesen mit sich.
Somit existiert eine eher negative Zuordnung bei Anwohnern in Zweenfurth, Panitzsch und überall da, wo man direkt in ihre Aue gebaut hat und öfter nasse Füße und Keller bekommt. Eine Identifikation – ich habe einen Garten an der Parthe, mein Grundstück liegt an der Parthe, ich wohne in einem Ort an der schönen Parthe – gibt es (noch) eher selten.
Die Parthe verläuft immer zwischen etwas, trennt Dinge von einander: Borsdorf von Althen, Acker von Acker, Bahnstrecken von Straßen, das Rosental von Gohlis, das Parthebad vom Stadtpark in Taucha, ohne jedoch in den Fokus zu gelangen. Ihre Landschaft verbindende Funktion bleibt uns noch zu entwickeln.
Der Fluss selbst hat keinerlei touristische Bedeutung, auch keine wassertouristische. Radfahrenden ist die Parthe im Namen Parthe-Mulde-Radroute geläufig, aber der Sichtkontakt zum Fluss ist entlang der Strecke sehr eingeschränkt. Das Gleiche gilt für den Parthe-Wanderweg. Das Partheland hat Potenzialräume für Naherholung und sanften Tourismus, aber nicht die Anziehung eines Neuseenlandes. Eher einen sanften Charme, den es zu entdecken lohnt. Urlaub vor der Haustür mit Radwegen mit schönen Streckenführungen, aber schlechter Ausschilderung, mit Freibädern wie Schönefeld, Bagger und Parthebad Taucha, mit zu wenig Biergärten an authentischen Orten, mit alten Gasthöfen wie in Seegeritz, die auf ihre Wiederbelebung warten… Sommerfrische.
Kulturlandschaftsmanagement – eine Zukunftsaufgabe
Wir haben mit vielen Menschen im Partheland über die in dieser knappen Bilanz aufgeworfenen Probleme gesprochen und ein ausgeprägtes Bewusstsein dieser Veränderungen festgestellt. Interessierte Akteure reagieren auf unterschiedliche Weise auf diese Veränderungen: Bürgermeister versuchen, Landnutzer und Landbewohner in eine gemeinsame Perspektive einzubinden, Naturschützer ermuntern junge Menschen dazu, sich die Landschaft selbst – und zwar zu Fuß – zu erschließen, Planer machen sich Gedanken über die Durchdringung und Verknüpfung der Nutzungen und Flächen, etwa beim Radwegebau. Wir haben auch einen Landwirtschaftsbetrieb gefunden, der bereit ist, auf seinen Flächen Strategien zu erproben, die dem Trend zur Segregation entgegenlaufen und nicht zuletzt sind es engagierte Einzelkämpfer, die in ihren Orten versuchen, über den Tellerrand ihres privaten Interesses einen miteinander geteilten Raum zu gestalten. Aber wird aus diesen vielen einzelnen Bemühungen ein Kulturlandschaftsmanagement?
Unsere Antwort möchten wir folgendermaßen zusammenfassen: Nur wenn es gelingt, diese verschiedenen individuellen Bemühungen um einen miteinander geteilten Raum zu verknüpfen und zu bündeln, werden sie der beschriebenen Tendenz zur Segregation etwas entgegenzusetzen haben. Denn das segregative Prinzip gibt letztlich immer der ökonomisch stärkeren Nutzung den Vorrang. Geringere Wertschöpfung lässt sich nur dort absichern, wo sie eine gesellschaftliche Wertschätzung erfährt, die letztlich auch wieder in das ökonomische System zurückwirken kann. Die erste Aufgabe des Kulturlandschaftsmanagements muss es also sein, Aufmerksamkeit, Neugier, Interesse und Austausch für jene Gestaltungsansprüche zu wecken, die über den Horizont der eigenen Nutzung hinausgehen. Das bedeutet: ein(e) Kulturlandschaftsmanager(in) muss jene Akteure kennen, die sich im eigenen Landschaftsraum entsprechend engagieren.
Er oder sie sollte einen Gesprächszusammenhang zwischen diesen Akteuren herstellen und Interaktionen ermöglichen, die letztlich raumwirksam werden. Ein wichtiges Instrument zur Förderung dieser Interaktionen sind für uns die Parthelandküchen. Hier wird gemeinsam beschrieben, gekocht, gegessen – immer mit Blick auf den gemeinsamen, den miteinander geteilten Raum. Dabei sollten verschiedenste Themen bearbeitet werden, die für die Parthenaue Relevanz haben: das Obst an den Wegen und Straßen, die Parks oder die Möglichkeiten, die Region zu bereisen. Zur Halbzeit unseres Projekts würden wir sagen: Dieses Instrument ist im Hinblick auf Kontinuität und Formatierung noch entwicklungsbedürftig. Es weist aber in die richtige Richtung. In einem Kulturlandschaftsmanagement sollte es auch zukünftig verankert sein. Die einzelnen Aspekte und Elemente, die eine Kulturlandschaft ausmachen, sind damit aber noch nicht betrachtet.
Für den Verbund stadtPartheland ist die Erarbeitung eines Kulturlandschaftsmanagements für die Parthenaue die wichtigste Aufgabe für die kommenden zwei Jahre.
Der folgende Artikel wurde auch im „Delitzscher Jahrbuch für Geschichte und Landeskunde 2018“ veröffentlicht. Das Buch kann zum Preis von 5,20 € im regionalen Buchhandel erworben werden. Online ist es hier erhältlich.
Literaturverzeichnis
Brendler, Werner (2002): Ein Mann für 300 Hektar. Der Weg der Landwirte der Parthenaue ins 21. Jahrhundert. In: Heinz-Jürgen Böhme (Hg.): Im Partheland zwischen Leipzig, Taucha und Borsdorf. Leipzig: Pro Leipzig, S. 107–111.
Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2017): Agrar-Report 2017 Biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft. Bonn.
Krummsdorf, Albrecht (2007): Landschafts- und Rekultivierungsforschung am Institut für Landschaftsgestaltung der Karl-Marx-Universität Leipzig 1952 bis 1965. In: Hermann Behrens (Hg.): Umweltschutz in der DDR. Analysen und Zeitzeugenberichte. München: Ökom-Verl., S. 259–282.
Kühn, Christoph (2002): Kirche und Kulturlandschaft. Sakralarchitektur der Romanik und des Barocks im Parthenland. In: Heinz-Jürgen Böhme (Hg.): Im Partheland zwischen Leipzig, Taucha und Borsdorf. Leipzig: Pro Leipzig, S. 78–82.
Nabert, Thomas (2002): Spuren der modernen Siedler. Zwischen Weidenhof und Parkstadt 2000. In: Heinz-Jürgen Böhme (Hg.): Im Partheland zwischen Leipzig, Taucha und Borsdorf. Leipzig: Pro Leipzig, S. 94–98.
Stadt Leipzig (Hg.) (2013): Landschaftsplan der Stadt Leipzig. Leipzig.